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Wir zweckentfremden unsere Wohnung um auf Weltreise zu gehen

… allerdings mit offizieller Genehmigung!

Ein Teil unserer Reisefinanzierung (siehe Teil 1 und 2) stammt aus unseren Einnahmen aus Vermietung unserer Wohnung. Wer aber seine Wohnung in Berlin für kürzere Zeiträume (weniger als 6 Monate) vermieten möchte, steht vor einigen Herausforderungen, über die wir in diesem Artikel berichten.

Unser Eigenheim

 

2015 haben wir uns in Berlin-Lichtenberg den Dachrohling eines Altbaus gekauft, und ihn ganz nach unseren Wünschen in sechs Monaten zu einer Vierzimmerwohnung ausgebaut. Eigentlich war der Plan, dass diese Wohnung unser Zuhause für die nächsten Jahre sein sollte. Unsere Weltreisepläne durchkreuzten dieses Vorhaben allerdings und die Frage nach der Vereinbarkeit von Eigentum und Ortsunabhängigkeit kam zwangsläufig auf.

„Eigentum verpflichtet“ zwar, aber ist trotzdem kein Traumerfüllungshindernis. „Ohne Moos nix los“, also die Frage nach dem lieben Geld sollte uns nicht von der Reise abschrecken.
Wir haben beide Fragen einfach miteinander verknüpft: Die Wohnung musste zur
Einnahmequelle, also auf irgendeine Weise vermietet, werden – möglichst kurzzeitig, denn wir wollten mit unserem Rückreisedatum flexibel umgehen.

Kurzzeitvermietung in Berlin

Auf Grund des akuten Wohnraummangels, gilt in Berlin seit dem 01. Mai 2014 das Zweckentfremdungsgesetz.

Mit dem Zweckentfremdungsverbots-Gesetz (ZwVbG) soll Wohnraum vor Leerstand, Abriss, Umwandlung in Gewerbefläche und Kurzzeitvermietung geschützt werden. Von diesem Gesetz sind mittlerweile ein Großteil der angebotenen Wohnung auf Plattformen, wie AirBnB, 9flats, Wimdu oder WG-gesucht betroffen, somit stand das Vorhaben unsere Wohnung wochen- oder monatsweise unterzuvermieten erstmal auf wackeligen Beinen.

Um gesetzeskonform mehr als 49% der eigenen Wohnung zu vermieten, braucht man eine Genehmigung des zuständigen Bezirks- oder Wohnungsamtes. Allerdings sind die Voraussetzungen für diese Genehmigung sehr schwammig formuliert und nur wenn „öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen” (siehe Antrag auf Genehmigung) kann überhaupt erst eine erteilt werden.

Unser Antrag auf Genehmigung

Für uns war klar, das persönliche Interesse in Form einer Weltreise überwiegt ganz klar dem öffentlichen, aber das Bezirksamt hat da sicherlich andere Kriterien. Aus diesem Grund wollten wir auf Nummer sicher gehen und arbeiteten einen umfangreichen und wasserdichten Antrag zusammen mit unserem Anwalt aus. Uns spielte ein wenig in die Karten, dass Thomas zu dem Zeitpunkt beruflich sehr viel unterwegs war, denn anhand von sämtlichen Reisebelegen (Tankrechnungen, Zug- und Flugtickets etc.) konnten wir eine Abwesenheit von mehreren Wochen pro Jahr belegen (Leider können wir euch unseren Antrag nicht zur Verfügung stellen, da dieser Eigentum der Kanzlei ist und somit urheberrechtlich geschützt.).

Nach langer Wartezeit bekamen wir einen ablehnenden Bescheid vom zuständigen
Wohnungsamt.

In unserem Einspruch verwiesen wir dann aber auf ein Rechtsurteil eines ähnlichen Falls und betonte nochmals, dass wir mit der Vermietung unserer Wohnung während unserer Abwesenheit dem Berliner Wohnungsmarkt keinen Wohnraum entziehen.

Kurze Zeit später erreichte uns wider Erwarten die offizielle Genehmigung zur Untervermietung unserer Wohnung für insgesamt drei Jahre und maximal 100 Tage im Jahr inklusive eines Kostenbescheids über 225€.

Auflagen

An folgende Auflagen müssen wir erfüllen, damit unsere Genehmigung nicht verfällt:

  • Abführen der City Tax / Übernachtungssteuer in Höhe von 5% an das zuständige Finanzamt
  • Dokumentation über Gästeanzahl, Einnahmen und Abführen der City Tax in halbjährlichen Abständen an den zuständigen Mitarbeiter des Wohnungsamtes
  • Gewinne als Einkommen aus Vermietung versteuern
  • Neuerdings muss man außerdem eine Registriernummer in seinem Inserat angeben, unser Bescheid kam aber bevor diese Vorlage in Kraft trat.

Links zu dem Thema:

Unsere Meinung dazu

Wir haben die Wohnungsnot in Berlin am eigenen Leib gespürt, als wir vor über drei Jahren auf der Suche nach einem neuen Heim waren. Gleichzeitig gab es ganze Häuserblöcke, die nur als Ferienwohnungen genutzt wurden. Das war für die Vermieter finanziell deutlich lukrativer, als eine Dauervermietung. Das Zweckentfremdungsverbot schließt allerdings auch alle die ein, die ihre Wohnung lediglich in ihren Ferien oder Dienstreisen vermieten wollen (Homesharing). Bei einem Meet-Up von Homesharern in Berlin haben wir sogar Menschen kennengelernt, die sich die steigenden Mieten in Berlin nur leisten können, weil sie sie in ihrer Abwesenheit vermieten. Das Gesetz greift also massiv in unseren Privatbereich ein und selbst als Eigentümer wird es einem schwer gemacht, über den Erstwohnsitz frei zu verfügen. Seit Mai diesen Jahres gibt es zwar eine Lockerung, die besagt, dass mittlerweile jeder die Möglichkeit hat, eine Genehmigung mit einem Umfang für 90 Tage zu beantragen, allerdings ist bisher nicht aufgeführt, an welche Bedingungen diese geknüpft ist, wie lange eine Genehmigung dauert und anschließend gültig ist und welche Nachweise erforderlich sind. Die aktuellsten Informationen (für Berlin) findet ihr auf der Homesharing-Facebookseite. Am Namen des Gesetzes ändert sich allerdings nichts, man zweckentfremdet (trotz Genehmigung) immer noch Wohnraum, denn auf dem Bescheid steht ganz klar: „Genehmigung für die zweckendfremde Nutzung”. Unserer Meinung nach endfremden wir nicht den Zweck unserer Wohnung.

 

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