Leider findet man im Internet viele Berichte von interventionsreichen Geburten, die oft nicht zur Zufriedenheit der werdenden Mutter ausgehen. Ich möchte daher von unserer unaufgeregten Hausgeburt unseres zweiten Kindes berichten und zeigen, dass eine Geburt auch ohne Eingriffe auskommen kann.
Die ersten Anzeichen
Im Nachhinein betrachtet war es sicher ein Anzeichen für die bald beginnende Geburt, denn am Tag zuvor, überkam mich das starke Bedürfnis nochmal den halben DM leer zu kaufen. Ich wollte für die Zeit im Wochenbett genug Vorräte an sämtlichen Kosmetik und Drogerieartikel haben. Im Anschluss backte ich zuhause mit meiner Großen noch Schokoladen-Bananen-Muffins, die sich am Tag darauf als sehr nützlich erwiesen.
Vom „Plöpp“ in meinem Bauch und der Beginn einer sanften Geburt
Wie schon die Nächte zuvor, bin ich auch in der Nacht zum 24. Januar 2018 stündlich aufgewacht, um auf die Toilette zu gehen. Es waren noch zwei Wochen bis zum errechneter Geburtstermin. Als ich in dieser Nacht um vier Uhr morgens aufstand, kam ich jedoch nicht bis zum Badezimmer, denn mit einem (für mich lautem) „Plöpp“ platze meine Fruchtblase. Dieses Geräusch hörte sich tatsächlich so an, als würde eine Stimme in mir ganz eindeutig „Plöpp“ sagen. Mir lief es sofort warm die Beine herunter und ich schnappte mir schnell das nächstgelegene Kleidungsstück und klemmte es mir zwischen die Beine. Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass ich nicht plötzlich inkontinent geworden bin, aber ich weckte trotzdem gleich meinen Mann und wir machten einen Abstrich. Dieser bestätigte meine Vermutung und im nächsten Moment spürte ich schon meine erste Wehe.
Zugegebenermaßen habe ich mich im ersten Moment nicht so über den Zeitpunkt gefreut, schließlich war die Große krank und meine Schwiegermutter für ihre Betreuung extra aus Österreich angereist. Ich hatte bedenken, mich nicht vollständig auf die Geburt einlassen zu können, wenn die zwei um mich herumschwirrten.
Da beide aber noch fest schliefen, begannen Thomas und ich erstmal mit den Vorbereitungen für unsere Hausgeburt. Das Sofa wurde abgedeckt, Handtücher bereitgelegt, Essen und Trinken vorbereitet. Die Wehen kamen nun in 6-7-minütigen Abständen.
Bevor wir uns wieder ins Bett legten, schrieb ich meiner Hebamme noch eine SMS. Ich wollte sie noch nicht wecken, weil meine Wehen gut zu veratmen und noch nicht so schmerzhaft waren. Bis um 7 Uhr blieben wir im Bett und ich konnte tatsächlich noch ein wenig dösen und mit meiner Großen Tochter kuscheln. Im Gegensatz zu ihr, wusste ich ja, dass es der letzte Morgen zu Dritt sein wird.
Bevor mich dies aber wehmütig stimmen konnte, ergriff mich eine erste wirklich heftige Wehe. Dies nahm ich auch zum Anlass, nun doch meine Hebamme anzurufen, damit sie sich bald auf den Weg machen kann.
Meine Hebamme kommt zur Hausgeburt
An diesem Tag war ein weiterer Vorsorgetermin mit ihr geplant, zudem sie auch den Pool mitbringen wollte.
Die Wehen kamen nun alle 4-5 Minuten und ich musste mich währenddessen schon abstützen und fleißig veratmen. In den Pausen war ich aber noch recht gut drauf, duschte noch ausführlich und versuchte ein wenig zu frühstücken.
Um 8 Uhr kam meine Hebamme an und schleppte zusammen mit meinem Mann das Equipment für den Pool in unsere Wohnung im 4. Obergeschoss. Dies war sicherlich der größte Aufwand, den wir für unsere Hausgeburt im Dachgeschoss hatten. 😉
Da der Wasserdruck in unserer Altbauwohnung nicht so stark ist, dauerte es fast eine Stunde, bis das Becken endlich mit genügend warmen Wasser gefüllt war. Die Wehen kamen nun in immer kürzeren Abständen und ich konnte es kaum erwarten ins warme Wasser zu steigen.
Von Raphaela und meiner Schwiegermutter bekam ich an dem Morgen gar nicht so viel mit, als der Pool aber endlich aufgebaut und befüllt war, bat ich aber beide, sich ins Kinderzimmer zurückzuziehen. Entgegen meiner Erwartungen, konnte sich Raphaela der Situation sehr gut anpassen und verlies ohne Widerrede den Wohnbereich und freute sich auf das gemeinsame Spiel mit Oma.
Meine Hebamme schaute vor dem Wassereinstieg nach dem Muttermund; ich erinnere ich mich aber nicht mehr daran, wie das Ergebnis war. Wahrscheinlich war es mir in diesem Moment egal, denn ich wusste selber, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde. Dies war übrigens die einzige Untersuchung während der gesamten Geburt. Alle paar Wehen wurden zusätzlich die Herztöne gemessen, aber dies geschah so unauffällig, dass ich es kaum mitbekam. Auch von der Ankunft der zweiten Hebamme habe ich nur am Rande Notiz genommen.
Das warme Wasser: Der perfekte Ort unser Baby zur Welt zu bringen
Mittlerweile war es 9 Uhr und die kommende Stunde verbrachte ich im Vierfüßlerstand im Wasser. Mein Mann hielt mir währenddessen einen kalten Waschlappen in den Nacken oder an die Stirn und ich brauchte durchgehen eine Hand, die ich drücken konnte. Kurz vor der Austreibungsphase kam dann auch der Moment, in dem ich laut geflucht habe, warum ich mir das Ganze überhaupt antue und dass es endlich vorbei sein soll. Die Wehen kamen schon im Minutentakt und waren auch recht intensiv und schmerzhaft.
Ein paar Wehen später, spürte ich einen deutlichen Pressdrang, dem ich auch sofort nachging. Die Wehenschmerzen waren nun deutlich ertragbarer und es fühlte sich richtig befreiend an, endlich mein Baby aus meinem Körper zu schieben. Meine Hebamme schlug mir vor vom Vierfüßlerstand in eine Seitenposition zu wechseln und ein Beim etwas höher abzustellen. Von da an waren es nur noch ein paar Wehen, bis das Köpfchen geboren wurde.
In diesem Moment habe ich keinerlei Schmerzen mehr verspürt. Im Gegensatz zu der Phase, als ich schmerzhafte Wehen hatte, war ich jetzt voller Konzentration. Als das Köpfchen geboren war, warteten wir auf die nächste Wehe, um den restlichen Körper zur Welt zu bringen. Komischerweise kam mehrere Minuten lang keine, sodass meine Hebamme vorschlug, auch ohne Wehe einmal zu pressen. Im nächsten Moment, um 10:14, wurde unser Sohn Aaron unter Wasser geboren und ich konnte ihn mir direkt auf die Brust legen. Meine Gefühle in den ersten Minuten lassen sich kaum beschreiben. Ich war einfach nur überwältigt, dass ich (fast) ohne Hilfe mein Baby ganz alleine zur Welt gebracht habe und überglücklich das vierte Mitglied unserer Familie begrüßen zu dürfen.
Wieder auf dem Trockenen
Auf unseren Wunsch hin, hat die zweite Hebamme während der Geburt mit meinem Handy Fotos gemacht, sodass ich im Nachhinein die genauen Uhrzeiten nachvollziehen kann. Es fühlte sich an, als hätten wir Stunden im Wasser verbracht. In Wirklichkeit waren es lediglich 10 Minuten, bevor wir auf die benachbarte Couch umsiedelten. Kurze Zeit später wurde die Plazenta geboren. Wir waren überrascht, wie verkalkt diese schon war und ich vermute dahinter den Grund für die frühe Geburt in der 38+0 Schwangerschaftswoche. Als Ergänzung sei hier erwähnt, dass ich in beiden Schwangerschaften eine leichte Gestationsdiabetes hatte, die allerdings nicht insulinpflichtig waren. Geburtsverletzungen hatte ich, wie schon bei Raphaelas Geburt, keine.
Ich denke immer noch jeden Tag an unsere schöne Hausgeburt zurück. Für die kompetente, aber auch zurückhaltende Unterstützung der Hebammen und meines Mannes bin ich unendlich dankbar. Das schönste an diesem Tag aber war, dass schon wenige Minuten nach der Plazentageburt. Unsere Tochter Raphaela dazukam und wir sie direkt in die Abnabelung und die U1 miteinbinden konnten.
Und auch die Schokoladen-Bananen-Muffins wurden alle im Laufe des Tages verputzt und dienten als wunderbare Energiequelle für alle Beteiligten unserer Hausgeburt.